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Grundeigentum ist möglichst zu erhalten

Amtsgericht Bad Iburg stärkt Rechte von geschäfts-unfähigen Betroffenen


BAD IBURG. Was passiert mit meinem Haus, wenn ich ins Pflegeheim ziehe? Diese Frage beschäftigt viele ältere und kranke Menschen. Oft hängen sie an ihrem Eigenheim und den damit verbundenen Erinnerungen. Sie lehnen einen Verkauf ab.

Häufig zu recht – wie das Amtsgericht Bad Iburg nun entschieden hat: Ist die Finanzierung des Heimplatzes und der Lebensunterhalt d. Betroffenen auch ohne den Hausverkauf gesichert, hat die gesetzliche Betreuerin oder der gesetzliche Betreuer den wirtschaftlich vernünftigen Wunsch, das Eigenheim zu erhalten, zu beachten. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn d. Betroffene so schwer krank ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, einen eigenen freien Willen zu bilden, wenn sie oder er also geschäftsunfähig ist.

Es gehört zu den Prinzipien des Betreuungsrechts, den Wünschen der Betreuten soweit wie möglich den Vorrang einzuräumen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Leben selbst zu gestalten. Deshalb hat sich das Betreuungsgericht bei seiner Entscheidung über die Genehmigung eines Grundstücksgeschäfts vorrangig an den Wünschen des Betreuten auszurichten, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und es dem Betreuer zuzumuten ist (vgl. § 1901 Abs. 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Dies gilt auch für den Wunsch d. Betroffenen, eine Immobilie zu erhalten: Grundeigentum ist eine besonders wertbeständige Art des Vermögens und deshalb gerade in der aktuellen Niedrig- bzw. Negativzinsphase als Geldanlage besonders interessant und wichtig. Häufig ist bei einer Vermietung eine deutlich höhere Rendite zu erzielen als bei der Anlage des erzielten Verkaufspreises. Eine wirtschaftlich mögliche Vermietung ist deshalb bei einem entsprechenden Wunsch d. Betroffenen, vorzugswürdig.

Der Beschluss des Amtsgericht Bad Iburg (Az.: 11 XVII H 2942) wurde zwischenzeitlich vom Landgericht Osnabrück (Az.: 3 T 65/20) bestätigt, ist aber noch nicht rechtskräftig, da (theoretisch) noch Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt werden kann.


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Betreuung
Hilfe für Personen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können

Für hilfsbedürftige Erwachsene, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbstständig erledigen können, kann das Amtsgericht eine Betreuerin oder einen Betreuer bestellen. Die Betreuerin oder der Betreuer unterstützt die hilfsbedürftige Person in genau bestimmten Bereichen, den sogenannten Aufgabenkreisen.

Aufgabenkreise können zum Beispiel sein:

  • Gesundheitssorge (Arztgespräche, Einwilligung in medizinische Maßnahmen)
  • Vermögenssorge (Kontoverwaltung, Zahlungsverkehr)
  • Aufenthaltsbestimmung (Heim-oder Krankenhauseinweisung)
  • Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten (Antragsstellungen, „Papierkram“)
  • Wohnung-und Heimangelegenheiten

Der Begriff „rechtliche Betreuung“ bedeutet, dass die Betreuerin oder der Betreuer selbst keine tatsächliche Hilfe leisten muss, sondern dafür zuständig ist, diese zu organisieren.

Bei der Auswahl des Betreuers sind grundsätzlich die Wünsche der betroffenen Person zu berücksichtigen.

Die Betreuerin bzw. der Betreuer vertritt die betroffene Person innerhalb des zugewiesenen Aufgabenkreises gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB). Ausgenommen sind lediglich sogenannte höchstpersönliche Rechtsgeschäfte wie etwa die Eheschließung oder die Errichtung eines Testamentes.

Bei der Vertretung unterliegen die Betreuer*innen aber gewissen Beschränkungen: Zum einen müssen sie sich stets an den Wünschen und dem Willen des oder der Betreuten orientieren. Zum anderen sind für bestimmte Rechtsgeschäfte, z. B. für Grundstücksverkäufe, betreuungsgerichtliche Genehmigungsvorbehalte zu beachten, d.h. diese Geschäfte sind nur wirksam, wenn das Betreuungsgericht sie ausdrücklich genehmigt.


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Informationen zum Betreuungsrecht finden Sie im Justizportal. Eine aktuelle Broschüre zum Thema Betreuungsrecht kann hier heruntergeladen werden.


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